Respekt, Power.........Banana.....
Ich wollte dieses Jahr eigentlich keinen Blog mehr schreiben, aber ich muss irgendwie noch die letzten Stunden dieses ewig andauernden Weihnachten rumbekommen. Viele werden gemerkt haben, dass ich mich doch mit Weihnachtsgrüßen sehr zurückgehalten habe. Nehmt es mir nicht persönlich, aber ich mag es einfach nicht!
So gänzlich hat mir doch in den vergangenen Tagen der Sinn des Ganzen gefehlt. Quasi wurde über den "Erfinder" des Weihnachtsfestes recht wenig erzählt und berichtet. Der Sinn dieses und des vergangenen Weihnachtsfestes bestand darin, wer ist geboostert und wer nicht? Wer ist überhaupt geimpft und kann man eigentlich die Maske von gestern auch heute noch tragen? Haltet bloß Abstand und die Virologen sind die neuen Superstars von 2021.
Hey.........erinnert ihr euch noch? Der kleine Bub damals im Stroh bei Ochs und Esel? Und der helle Stern, der den heiligen drei Königen den Weg gewiesen hat? Der Name der heiligen drei Könige war gewiss nicht Corona, Delta und Omikron.
Ich bin es so leid. Ich würde mich gerne acht Wochen in mein Bett schlafen legen und es so machen wie die Bären oder unser stacheliger Gast in unserer Scheune........die Gefahr mit einem ausgedehnten Winterschlaf überschlafen und dann wach werden und Gut ist!
Vollfressen und dann ab in den Winterschlaf wie unser Igel
Der heilige Morgen begann dann folgender Maßen.........
Es ist 5:45 Uhr und ich sitze im Auto auf dem Weg zur Arbeit. Recht laut (sehr laut) ertönt aus meinem Radio das Lied von Elton John und Dua Lipa "Cold Heart", das zur Zeit in Dauerschleife in meinem Auto zu hören ist. Die Hälfte der Strecke bereits hinter mir, fahre ich durch eine Unterführung und steuere den Wagen auf eine Brücke zu, um unsere Saar zu überqueren.
Mir kommt ein anderes Auto entgegen und auf meiner Spur türmt sich plötzlich ein riesengroßer Koloss auf, dem ich versuche noch irgendwie auszuweichen. Es gelingt mir zum Glück, mich zwischen dem entgegenkommenden Fahrzeug und diesem riesigen Berg von Etwas in der Mitte dazwischen durchzuquetschen.
Es war zu dunkel, um zu erkennen, was sich mir da in den Weg gelegt hat.
Beunruhigt darüber, dass es ein verhängnisvolles Verkehrshindernis ist, mit dessen Kollision Menschen zu Schaden kommen können, zumal es ein regelrechtes Katapult war um Fahrzeuge direkt in die Saar zu schleudern, wende ich fünfzig Meter weiter und fahre zurück zum Koloss und stellte auf der gegenüberliegenden Seite mein Auto mit Warnblickanlage ab.
Da liegt ein großes Wildschwein. Wie ein Kaninchen in Ruheposition.
Ich nehme mein Handy, wähle die bekannte dreistellige Nummer und versuche währenddessen den Verkehr winkend und hüpfend auf das Hindernis aufmerksam zu machen.
Ich schildere dann noch irgendwie meinem Gesprächspartner, was denn los sei (Gefährdung des Straßenverkehrs sowie meinen Standort) und höre 10 Meter von mir entfernt ein schmerzerfülltes Grunzen-Hecheln-Stöhnen. Ich teile dann meinem Gesprächspartner folgende Worte mit: "Ach du Scheiße, das Schwein lebt noch!"
Mittlerweiler reihen sich auf jeder Spur Fahrzeuge hintereinander und versuchen sich zu einigen, wer denn jetzt als Erstes an dem Tier vorbeifahren darf.
Böse Blicke treffen mich, da alle der Meinung sind, ich hätte dieses "Hindernis" verursacht.
Nun erhebt sich dieses verletzte Tier auf seine Vorderfüße, denn der hintere Teil des Tieres ist im wahrsten Sinne des Wortes "Matsche" und es versucht mit schmerzerfülltem Grunzen-Hecheln-Stöhnen das schützende Gebüsch neben mir zu erreichen. Selbst während das verletzte Tier versucht, sich instinktiv in Sicherheit zu bringen, versucht ein äußerst genervter Verkehrsteilnehmer an dem Tier und den anderen Fahrzeugen im Slalom vorbeizukommen.
Dieser Verkehrsteilnehmer hatte eventuell Angst, nicht mehr die fetteste Gans im Geschäft für sein Weihnachtsmenü ergattern zu können. Hiermit möchte ich mich aus vollstem Herzen bei diesem Verkehrsteilnehmer entschuldigen und ihm drei Wochen heftigen Durchfall wünschen.
Das Wildschwein hat es dann doch geschafft, sich ins geschützte Dickicht des Straßenrandes zu "robben".
Jippiiiie.........die Straße wäre dann wieder frei. Der Verkehr fließt................ich stehe übrigens immer noch auf der Seite um auf die Polizei zu warten und ernte weiterhin böse Blicke der anderen Verkehrsteilnehmer.
Ein junger Mann hält kurz neben mir, fährt die Scheibe runter und meint, ich solle mich besser in mein Auto setzen denn solch verletzte Tiere können noch letztmalig solche enormen Kräfte entwickeln und mich hier angreifen............
Echt jetzt?
Müsste ich sterben, aber ich dürfte mich noch entscheiden, ob durch einen Virus oder einen Wildschweinangriff.................würde ich mich für den Tod durch ein Wildschwein entscheiden.
Ich setze mich dann doch in mein Auto, weniger vor Angst, aber es regnet und es ist kalt. Ich wähle dann insgesamt 30 Minuten nach Beginn dieses Szenarios wieder die dreistellige Telefonnummer und erkläre dem gleichen Gesprächspartner, dass mein Arbeitgeber nur recht wenig Verständnis für mein Zuspätkommen hätte wegen eines Wildschweines.
Ich höre, die Kollegen müssten eigentlich schon längst bei mir sein. Ja, das dachte ich auch die ganze Zeit, zumal sich in diesem Ort eine ziemlich große und vierundzwanzig Stunden besetzte Polizeiwache befindet.
Ich warte weiter..........und während dieser gesamten Zeit hat niemand angehalten und mich gefragt, ob alles bei mir in Ordnung sei, ob es mir gut geht, ob man mit mir zusammen warten solle, was denn überhaupt passiert sei. Nichts! Absolut kein Einer!
Abgesehen davon, dass ich das Tier nicht angefahren habe. Ich habe versucht zu regeln, dass niemand anderes verletzt wird. Dass kein Fahrzeug demoliert wird, dass niemand an Heiligabend in einen Fluss katapultiert wird.
Endlich erscheint in meinem Rückspiegel das von mir ersehnte Blaulicht. Ich steige aus dem Wagen und schildere den Beamten die "Unannehmlichkeiten". Ich zeige ihnen, wohin das verletzte Tier gerobbt ist. Ich solle mich bitte in mein Auto setzen.........es ist der erste Schuss zu hören.......direkt danach folgen noch der zweite, der dritte und noch der vierte Schuss.
Ich schließe die Augen, alles ist schwarz und warme nasse Tränen laufen über meine kalten Wangen. Sie laufen und laufen unaufhaltsam. Ich kann nicht direkt los fahren. Es geht nicht!
Es war ein Leben, dass am Heiligenmorgen sein Ende fand. Ein Leben, dass so gleichwertig ist, wie meines, deines, eines Hundes, eines Kaninchens. Es gibt kein wertvolleres und minderwertigeres Leben. Es gibt nur Leben und jeder hat nur eines davon!
Ich kann mich in Gedanken aus vollstem Herzen nur bei diesen Wildtieren dafür entschuldigen, dass wir sie in unsere Städte und in unsere Dörfer durch unseren Abfall und unsere Essensreste locken. Dass wir mit unseren Autos durch ihre Reviere fahren und ihre Wege kreuzen. Dass diese Geschöpfe von den Menschen gejagt werden und von Menschen ihr Leben genommen wird.
Kann ich es ändern? Mit großer Wahrscheinlichkeit nicht.
Aber ich kann Mitgefühl zeigen und kann um ein Wildschwein weinen.
Ein Lebewesen, dass vielleicht im vergangenen Frühjahr seinen prächtigen Nachwuchs großgezogen hat oder das vielleicht auf der Suche nach einem Partner war. Oder ein Lebewesen, dass einfach nur auf der Suche nach Futter war um zu überleben.
Ich kann, wenn das nächste Mal jemand mit Warnblinker am Straßenrand steht, anhalten und mich erkundigen, ob dieser Mensch Hilfe benötigt. Ob es dem Menschen gut geht. Ich kann ihm vielleicht zwei Stücke Traubenzucker geben und gemeinsam mit ihm auf die Polizei warten oder gemeinsam mit ihm andere Verkehrsteilnehmer auf eine Gefahr aufmerksam machen.
Der Tag war dann, wie man so schön sagt, im Arsch.
Meine Gedanken hingen im Morgen fest. Die Blicke der verständnislosen Verkehrsteilnehmer, das Grunzen-Hecheln-Stöhnen des Lebewesens, die vier vom Schmerz erlösenden Schüsse, die heißen Tränen auf meiner kalten Wange.
Sollte sich diese Gesellschaft wieder mehr dem Respekt widmen, werde ich auch wieder Weihnachten feiern.
Ich bin guter Dinge, das ich bis auf weiteres gut drum herum komme.
Im Moment endet hier ja alles im.......Banana......
Passt gut auf euch und eure Tiere auf!
Sylvia
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